Antwort der Wallonie auf den Brüsseler Aufruf « Nous existons »


In einem Manifest unter dem Titel ?Nous existons„ beanspruchen Brüsseler aller Sprachen und Herkunft heute für ihre Stadt den Platz, den sie auf der belgischen und europäischen Bühne einnehmen muss. Brüssel weigert sich, länger eine benutzte Hauptstadt zu sein, die sich damit begnügen sollte, den kleinsten gemeinsamen Nenner darzustellen. Sie ist ein multikulturelles Mischbad, sie besteht allerdings auch darauf, eine Schicksalsgemeinschaft zu sein. 

Die Wallonie kann sich über diese Selbstbehauptung nur freuen. Mit der Stimme der Unterzeichner dieser Note bietet sie sich an als Partner in diesem historischen Augenblick und streckt loyal ihre Hand aus nach Flandern, das ebenso über sich selber verfügt. 

In der Bewegung der erneuten Selbst-Wiederaneignung, die wir in unseren Landesteilen und in der Deutschsprachigen Gemeinschaft erleben, muss die Kultur eine bestimmende Rolle einnehmen. Die Geschichte kennt kein Beispiel einer Gesellschaft, die sich nicht aufgrund einer eigenen Artikulation behauptet hätte. 

In dem Bemühen um eine Wiederbelebung, zu der die Wallonie aufgerufen ist, wird die Kultur einer der wichtigsten Hebel sein. Bereits jetzt sind Elemente dieser Selbstbehauptung wahrnehmbar. Man vernimmt sie in der literarischen Produktion, den Theaterstücken, den Liedern, den Filmen und den Fernsehsendungen. Man vernimmt sie ebenfalls an jenen Orten, an denen Bürger sich weiterbilden, und in den gesellschaftlichen Gruppen, die für Gerechtigkeit und Demokratie kämpfen. 

Diese Kultur spricht nicht von der Wallonie wie von einer Substanz, sondern wie von einer Gesellschaft, die historisch bestimmt ist, die eine Gegenwart lebt und gestaltet und sich in eine Zukunft hinein definiert. Eine Gesellschaft, in der Männer und Frauen arbeiten, die sich nicht nur durch das Erinnern, sondern auch durch ihren Zukunftsentwurf definieren. 

Diese Kultur kann nur offen sein. Wie könnte es auch anders sein? Zu allen Zeiten sind Frauen und Männer aus anderen Regionen gekommen, zuerst aus dem Norden, dann aus dem mediterranen Süden und schließlich aus anderen Kontinenten, um die Mühen und Freuden der Frauen und Männer der Wallonie zu teilen. Dieser Zustrom hat Frucht getragen und eine Tradition der Multikulturalität begründet, die so sehr im Alltag gelebt wird, dass sie manchmal vergisst, sich als solche darzustellen. 

Dass Brüssel das Wort ergreift, bietet uns eine neue Gelegenheit, alle diese Themen offen zu diskutieren. 

Der belgische Föderalismus, der seit über einem Jahrhundert in Gedanken und Worten entworfen und anschließend seit 35 Jahren verwirklicht wurde, ist ein weitgehend ausgearbeitetes Ergebnis aus der Begegnung einerseits der kulturellen Ansprüche Flanderns und andererseits der sozio-ökonomischen Forderungen der Wallonie. Dieser Föderalismus ist heute mit Sicherheit ein ausgereiftes System. Was die Wallonie betrifft, so haben ihre Regionalinstanzen eine kritische Masse erreicht, die es ihnen erlaubt, jede Übertragung von Kompetenzen ohne größere Schwierigkeiten zu verarbeiten. So hat die wallonische Regierung am stärksten die lokalen Machtinstanzen in den Provinzen und Gemeinden reformiert. In einem Land, in dem seit Menschengedenken die lokale Autonomie einen heiligen Stellenwert hat, ist dieser demokratische Fortschritt revolutionär. 

Aber dieser Föderalismus, mit seiner zwei-gemeinschaftlichen Ausprägung, hat Brüssel in einem Zwangsgriff erstickt und der Sprache eine Rolle zugewiesen, die kaum mit dem kosmopolitischen Charakter unserer Gesellschaft kompatibel ist. Er hat vor allem bewirkt, dass die kulturellen Strömungen von Kräften gelenkt wurden, die weder Brüssel noch der Wallonie gedient haben. Diese fatalen Kräfte haben in einem beträchtlichen Maße verhindert, dass man die Identität und den immensen schöpferischen Charakter der Metropole wahrgenommen hat; sie haben andererseits bewirkt, dass die Wallonie sich nicht mit jenen Instrumenten auszustatten, die es ihr erlauben sollten, sich zu Wort zu melden (wenn man ihr nicht sogar die wenigen Instrumente entrissen hat, die sie noch besaß ˆ die Aufsplitterung der RTBF ist in dieser Hinsicht eine Tragödie). Das Ergebnis ist bekannt: In der Wallonie wird Brüssel oft nicht als das Herz einer Gesellschaft in Bewegung wahrgenommen, sondern als der Sitz einer fernen und arroganten Verwaltung, und die Wallonie wird in Brüssel als eine Provinz mit archaischen Sitten gesehen. 

Dieses symbolische Defizit schadet der Wallonie und beeinträchtigt die Dynamik ihrer Partner. Das wallonische Gesellschaftsprojekt ist weiterhin auf den sozio-ökonomischen Bereich zentriert. Das ist sicherlich legitim. Aber die wallonische Regierung kann sich mit noch so zahlreichen Belebungsprogrammen drapieren: Ohne kulturelle und moralische Referenzen kann all dies nur scheitern. 

Wenn man denen, die in der Wallonie leben und arbeiten, ihre Würde zurückgeben will, verlangt dies eine verantwortliche Kulturpolitik, die sich hauptsächlich im Bereich der Medien und des Unterrichtes beweisen muss. Die wallonischen Intellektuellen verlangen bereits seit Jahren nach einer solchen Politik. 

Ebenso wie die Unterzeichner des Brüsseler Manifestes « Nous existons », sind wir der Ansicht, « dass es höchste Zeit ist, ein Belgien hinter uns zu lassen, in dem sich zwei Gemeinschaften gegenüberstehen, um dahin zu gelangen, dass die drei Regionen des Landes sich Seite an Seite entfalten, jede mit ihrer eigenen Identität und mit wirksamen Gremien .» Zu einem Zeitpunkt, wo Verhandlungen geführt werden, die die Zukunft dieser drei Regionen festschreiben werden, appellieren wir an die schöpferische Fantasie. Die Solidarität zwischen Wallonen und Brüsslern muss nicht zwangsläufig die Form von gemeinsamen Einrichtungen annehmen, die die jeweiligen Gemeinschaften nur ungenügend wiederspiegeln. Wir appellieren an alle verantwortlichen Mandatare: Sie mögen sich bewusst sein, dass es im Interesse der Wallonen und der Brüsseler liegt, sich mit Instrumenten auszustatten, die ihre Zukunft sichern. 


Nicolas ANCION, écrivain, LIEGE 
Edgard ANDRE, Professeur honoraire à l’Université de Mons-Hainaut, HAVRE 
François ANDRE, politologue, délégué CGSP , AUTREPPE 
Danielle BAJOMEE, professeure à l’Ulg, LIÈGE 
Willy BAL, Professeur émérite UCL, académicien, écrivain wallon, JAMIOULX 
Yannick BAUTHIERE enseignant, GEMBLOUX 
Jean-Pierre BERTRAND, Professeur à l’Université de Liège, THEUX 
Francis BISMANS, Professeur à l’Université de Nancy, secrétaire général du mouvement socialiste, FLEMALLE 
Guibert BODART, directeur honoraire du SPF Finances, LA HULPE 
Christine BOMBOIR, NAMUR 
Marie-Guy BOUTIER, professeur à l'Université de Liège, LIEGE 
Jacques BRASSINNE de LA BUISSIERE, docteur en sciences politiques, GEMBLOUX 
François BROUYAUX, enseignant, BRUXELLES 
Marinette BRUWIER, Professeur honoraire à l’Université de Mons-Hainaut, MAISIERES 
Jean CAPIAU, Scénographe, LA LOUVIÈRE 
Michel CIPARISSE, artiste, NAMUR 
Maurice CHEZA, Professeur émérite à l’UCL, NAMUR 
Willy COLETTE, Prisonnier politique 1940-1945, SAINT-MARC 
Luc COURTOIS, Professeur à l’UCL , dir. des trav. Fondation wallonne PM et JF Humblet, LOUVAIN-La-NEUVE 
Jean-Paul D’HAEYER, enseignant et militant syndical, GELBRESSEE 
Eulalia DAMASO, Professeur, FLEMALLE 
Marie-Anne DELAHAUT, administratrice réseaux, HOUR 
Armand DELCAMPE directeur du théâtre Jean Vilar et du Festival de Spa, BOUSVAL 
Jean-Pierre DELHAYE, historien 
Francis DELMOTTE, Cercle Républicain, MONS 
Benoît DENIS, chef de travaux à l'ULg, ESNEUX 
Guy DENIS, écrivain et galeriste, LOUFTEMONT 
Philippe DESTATTE, historien, HOUR 
Anne DEVLEESHOUWER, Formatrice en alphabétisation, LA LOUVIÈRE 
Julien DOHET, historien, LIEGE 
Christian DRAGUET, Délégué CGSP, ALLEUR 
Daniel DROIXHE, Chargé de cours à l'Université de Liège, académicien, OUPEYE 
Jacques DUBOIS, Professeur émérite à l’ULg, LIEGE 
Isabelle DUCULOT, formatrice en entreprise, LIEGE 
Pierre DUFAUX, ancien journaliste RTBF, NAMUR 
Jean-Pierre DUMONT, écrivain wallon, CLAVIER 
André DUMOULIN, Professeur à l’université, CIUDAD PANAMA 
Patrick DUPUIS, écrivain et éditeur, OTTIGNIES 
Pascal DURAND, Professeur à l’Université de Liège, ESNEUX 
José FONTAINE, Docteur en philosophie de l’UCL, Directeur de Toudi, GRATY 
Michel FOURGON, compositeur, LA GLEIZE 
Michel GIGOT, vice-président du Mouvement du Manifeste Wallon, syndicaliste CNE LOUVAIN-LA-NEUVE 
Pierre GILLIS, Professeur à l’Université de Mons-Hainaut, MONS 
Ernest GLINNE, Ancien Ministre et Député européen honoraire, COURCELLES 
Anne-Catherine GUIO, économiste, GESVES 
Chantal HARTMAN, Réalisatrice Télé, TAVIERS 
Thierry HAUMONT, écrivain, Prix Rossel, CHARLEROI 
Arnold HAUWAERT, Vivre en Wallonie, SAMBREVILLE 
Jean-Pierre HIERNAUX, Professeur à l'Université, FLEURUS 
Jean-Pol HIERNAUX, fonctionnaire wallon, NAMUR 
Jean-Charles JACQUEMIN, professeur FUNDP, GELBRESSEE 
Jacques JOSET, Professeur ordinaire émérite, Université de Liège, LIEGE 
Ivonne JOYEUX, régente en arts plastiques, WATERLOO 
Guy JUCQUOIS, professeur émérite de l’Université de Louvain, CORTIL-WODON 
Georges KELLENS, professeur émérite de l'ULg, NEUPRÉ 
Jean-Marie KLINKENBERG, Professeur à l’ULg, LIEGE 
Caroline LAMARCHE, écrivain, LIÈGE 
Janine LARUELLE, céramiste, LA LOUVIERE 
Jean-Pierre LEBRUN, psychanalyste, NAMUR 
Edmond LEGROS Professeur émérite de l'UCL, LIEGE 
Jean-Pierre LEMAITRE Département des sciences économiques UCL, LOUVAIN-LA-NEUVE 
Jean LEROY, Enseignant, LA LOUVIÈRE 
Micheline LIBON, historienne. Professeur émérite de l'UCL, NANINNE 
Gabriel LIEGEOIS, économiste, OUFFET 
Emmanuel LORETELLI, Professeur, LA LOUVIERE 
Jean LOUVET, dramaturge, président du Mouvement du Manifeste Wallon, LA LOUVIERE 
Lucien MAHIN, écrivain et chercheur en langue wallonne, vétérinaire privé à l’étranger, ancien enseignant-chercheur à l'Institut Agronomique et Vétérinaire de RABAT 
Christine MAHY, Directrice du Miroir Vagabond, DURBUY 
Paul MALHERBE, Prêtre, NAMUR 
Nicole MALINCONI, écrivain, NAMUR 
Pierre MANIL, Psychologue, Formateur dans le secteur socio-éducatif, FLOREFFE 
Paul MEYER, cinéaste, VISE 
Laurent MINGUET, Manager de l’année 2004, LIEGE 
Thibaud NANIOT, historien, NAMUR 
Jean NOËL, Directeur hon. de Ministère, LA BOUVERIE 
Françoise ORBAN, professeure FUNDP, NAMUR 
Marcel OTTE Professeur à l’Université de Liège, LIEGE 
Jules PIRLOT, Professeur d’histoire, LIEGE 
Jean PIROTTE, Professeur émérite à l’UCL, JAMBES 
Jacques QUIVY, Dr.Sc.Ingénieur Spécialiste secteur industriel « Biotechnologie et Sciences de la vie » LOUVAIN-LA-NEUVE 
Alex REMACLE Consultant en informatique et Stratégie Internet, ORBAIX 
Philippe RENAULT, Forestier, IVOZ-RAMET 
Daniel RICHARD, syndicaliste wallon, HERSTAL 
Emile RIKIR, archiviste, HUY 
Caroline SAPPIA, assistante de recherche à l’UCL, chargée de projet à la Fondation wallonne P.-M. et J.-F. Humblet BRUXELLES 
Jean-Louis SBILLE , Comédien et auteur, BRUXELLES 
Daniel SERET, Artiste-peintre-animateur, DURBUY 
Emile SERVAIS, Ancien Président MOC fédé. de Namur, Prof.Hon. UCL, MALONNE 
Claude SNAPS, Vétérinaire, conseiller communal républicain, BEAUVECHAIN 
Annick THYRE, secrétaire générale adjointe de la FGTB wallonne, NAMUR 
Anne TIRIFAHY, Fonctionnaire, FLEURUS 
Lise THIRY, Virologue, BRAINE-LE-CHATEAU 
Florence TONDEUR, urbaniste, WATERLOO 
Vincent VAGMAN, historien, JAMBES 
Denise VAN DAM, Maître de conférence FUNDP, DINANT 
Guy VANDELOISE, Docteur en histoire de l’art, Professeur, peintre et sculpteur, LIEGE 
Jean-Claude VANDERMEREN, secrétaire FGTB wallonne, JAMBES 
José VERDIN, Directeur de la Form'action André Renard, ESNEUX 
Carmelo VIRONE, écrivain, LIEGE 
Yves WEZEL, économiste, CHARLEROI 
Yves WINKIN, anthropologue, professeur à l'Ecole Normale Supérieure, LYON 
Evence YANCENNE à MORLANWELZ 
Marie-Denise ZACHARY, économiste, BRUXELLES